Der ist eigentlich echt lieb...
Neulich hat mal jemand zu mir gesagt "...'eigentlich' macht den Satz kaputt." Und er hatte Recht. Höre ich diesen Satz, so formuliert, werde ich hellhörig.
Jemand der sich absolut sicher ist, dass sein Hund
nicht beißt, sagt sowas wie: "Der beißt dich nicht!" oder "Der würde nie
beißen!"
"Eigentlich" ist für mich ein Wort aus dem Bauch
heraus. Meistens gab es dann schon größere oder kleinere Momente, wo der
Hund sich mit Zahn irgendwo durchsetzen wollte. Vielleicht wollte man
ihm einen Knutschi geben und er hat geschnappt oder er ist mal auf einen
Jogger zugelaufen und man konnte gut sehen, dass er probiert hat, an
dessen Füße zu kommen, evtl. hatte man mal einen Gast den Hund
"irgendwie nicht so freundlich" angebellt hat und wenn der sich bewegt
hat, kam der Hund angeschossen und hat vielleicht auch auf die Füße
abgezielt oder, oder, oder...
Übrigens alles Situationen, die ich selbst schon bei meinen Hunden erlebt habe.
Wenn
Du sowas oder sowas Ähnliches schon mal an Deinem Hund gesehen hast und
Du möchtest dann, dass ich zu Dir zum Ersttermin komme, dann zieh
Deinem Hund bitte einen Maulkorb an, ab einem Gewicht von 7kg.
Lustig
ist, dass es wirklich Hundetrainer gibt, die sagen: "Also wenn ein
Hundetrainer, ohne deinen Hund gesehen zu haben von dir verlangt, dass
du ihn mit dem Maulkorb sicherst, dann buch lieber kein Training bei
dem, denn wer will schon einen Trainer im Haus haben, der Angst vor
Hunden hat."
Über solche Sätze von einem vermeintlichen Profi
kann ich nur den Kopf schütteln. Da tun sich für mich so viele Fragen
und Analogien auf...
Wenn es sein könnte, dass der Hund eines Kunden
mich beißt, soll ich also lieber erstmal ohne Sicherung hin und gucken
was passiert? Spricht das wirklich für meine Professionalität? Was wenn
dieser Hund dann beißt? Was, wenn ich dann wochenlang ausfalle? Ob der
Kunde meinen Schaden bezahlen möchte? Was macht das wohl mit dem Kunden,
wenn er sieht, wie sein Hund jemanden beißt und verletzt? Wenn ein
Polizist jemanden anhält, der betrunken Auto fährt, ob der dann auch
sagt: "Na, wir lassen den erstmal weiter fahren, mal gucken, was
passiert? (Könnte ja sein, dass nichts passiert.)" Ist es nicht besser,
der Hund ist gesichert und wenn ich sicher sagen kann, dass alles fein
ist, nehmen wir dem Maulkorb ab?
Bedeutet die Tatsache, dass ich
nicht gebissen werden möchte, dass ich Angst vor Hunden haben? Oder habe
ich vielleicht Angst vor einem Biss? Weil ich weiß, dass das a. sehr
schmerzhaft sein kann und b. hoch infektiös ist, in der Regel
ausgeschält werden muss und es lange dauert, bis es heilt... Dass wenn
Sehnen und Muskeln getroffen werden, es noch länger dauert und man davon
in der Regel ein Leben lang was hat!? Es ist ja nicht so, dass ich noch
nie gebissen worden bin.
Wenn jemand nicht gebissen werden möchte
und davor sicher auch Angst hat, seinen Job aber dennoch macht und gut
macht, ist er DESHALB ein schlechter Hundetrainer? In Anbetracht der
Tatsache, dass es die meisten namenhaften Hundetrainer überall in
Deutschland so handhaben, würde ich sagen "Nein!".
Da stelle ich
mir gerade vor, wenn ein Feuerwehrmann mit voller Montur in ein Haus
reinläuft, wo es evtl. irgendwo drin brennt (Achtung Polemik), stehen
dann auch die Leute draußen vor dem Haus und schütteln verächtlich den
Kopf, wenn er wieder raus kommt: "Was für ein Feigling. Geht da mit
kompletter Montur rein, dabei wußte er gar nicht, obs brennt." Wohl eher
nicht!
Und ja, wenn es irgendwann Bekleidung für Hundetrainer
gibt, die dafür sorgen, dass ein eingesetzter Hundezahn meine Haut nicht
trifft, in der ich mich auch noch vernünftig bewegen kann, dann kaufe
ich mir die auf jeden Fall.
Aber was ist mit dem Hund, der
diesen Maulkorb tragen muss? Naja, erstmal ist es natürlich ein
Fremdkörper im Gesicht und neu und irgendwie komisch. Es ist immer
sinnvoll, wenn der Hund den Maulkorb vorher schon kennengelernt hat und
gelernt hat, dass es etwas ganz Normales ist, damit er sich dann auch
normal damit verhält und nicht nur mit dem Maulkorb beschäftigt ist. Ob
ein Hund mit Maulkorb sich normal verhält? Oh ja!!! Wir haben einige
Maulkorb-Träger auf dem Platz und 95% verhält sich da ganz normal mit
und zeigt auch alles an Verhalten, was sie auch ohne zeigen. 5% sind
damit etwas gehemmter und brauchen einfach etwas länger, um sich dran zu
gewöhnen.
Und auch hier gibt es eine Analogie. Nämlich das
Kleinkind, dass auf einmal eine Brille tragen muss. Auch die Brille ist
ein Fremdkörper und dennoch muss das Kind sie tragen, wenn es sich die
Augen nicht ganz "versauen" möchte. Trainiert man die Brille an? Also
meine Eltern haben sie nicht antrainiert. Vielleicht macht man das ja
heute so; heute macht man ja um alles Mögliche (mit Verlaub) ein
Geschiss. Aber in der Regel besteht man eben verbindlich und ruhig
darauf, dass die Brille drauf bleibt und so macht man das übrigens in
der Regel auch mit einem Maulkorb.
Also wir trainieren Maulkörbe
nicht wirklich an mit Keksen und Co. Genauso wenig wie das Halsband,
das Geschirr, einen Hundenmantel oder sonst was. Wir machen seit 2006
die Erfahrung, dass es besser ist, weniger Bamboule um solche Dinge zu
machen, dann werden sie schneller normal.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Geht kein Risiko im Sinne Eures Hundes, im Sinne Eurer Mitmenschen, in
Eurem Sinne, im Sinne eines Hundetrainers - egal welcher es ist - ein,
wenn es um die Sicherung Eures Hundes geht. Ein Maulkorb ist nicht böse.
Böse ist eine menschliche Assoziation und niemand zwingt uns, uns
dieser Ansicht - ggf. von unserer Umwelt - anzuschließen.
Ich
finde ja, dass es mehr als nur diesen Grund gibt, einen Hund an einen
Maulkorb zu gewöhnen. Meine Hunde lernen Maulkörbe schon als Baby
kennen, denn evtl. brauchen wir mal einen beim Tierarzt. Da sind mir
bequeme Maulkörbe lieber als die zuschnürenden Maulschlaufen. Evtl.
wollen wir mal irgendwo Urlaub machen, wo der Hund einen braucht. In
manchen Ländern ist es vielerorts Pflicht seinen Hund mit einem Maulkorb
zu sichern. Vielleicht möchte ich Bus und Bahn fahren, denn auch da
kann ein Schaffner oder Busfahrer immer darauf bestehen, dass ein Hund,
der nicht in einer Tasche mitgeführt wird, mit Maulkorb gesichert wird.
Vielleicht frisst er alles Mögliche und in der Zeit wo ich ein
vernünftiges Antiködertraining aufbaue, soll aber nichts passieren oder,
so ging es einer Kollegin, man hat einen Rüden, der jedes Mädchenpipi
aufleckt und sich ständig irgendwelche Infekte eingefangen hat. Es gibt
so unglaublich viele Gründe, die es nötig und sinnvoll machen können,
dass ein Hund einen Maulkorb kennt.
Und soll ich Euch was sagen?
Ich bin mit meinem 5kg-Papillon in der Arztpraxis immer der Lacher,
wenn ich dem einen Maulkorb in der Größe eines Eierbechers aufziehe ;-)
Aber das ist mir lieber, als wenn der dem Arzt ein Nasenpiercing
verpasst, weil er hysterisch reagiert... also, der Hund, nicht der Arzt.